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Memory (20) setzt sich schon seit Jahren für die Selbstbestimmung von Mädchen in Malawi ein und ist stolz auf den bisherigen Erfolg. © Plan International / Marco Betti
03.07.2017 - von Lilli Gretemeier

Malawi: Memorys Einsatz für das Recht auf Kindheit

Im Februar 2017 wurde Kinderheirat in Malawi gestoppt. Heirat ist jetzt erst ab 18 Jahren erlaubt. Dies ist nicht zuletzt dem anhaltenden Engagement von jugendlichen Aktivistinnen und Aktivisten wie Memory (20) zu verdanken.


 

„Lange wurden Mädchen als Ehefrauen erzogen und heirateten schon als Kinder. Als junge Mädchen sahen wir eine Heirat als die einzige Hoffnung für eine sichere Zukunft: einfach, weil wir so erzogen wurden. Es war normal, wir haben unsere Kultur, Werte, Normen und wie diese das Leben von Mädchen beeinflussen, nie hinterfragt“, sagt Memory.

Wenn ein Mädchen in Malawi in die Pubertät kam - im Alter von neun, zehn, zwölf - mussten sie traditionell an Camps teilnehmen, bei denen sie auf das Mutterwerden vorbereitetet wurden. In diesen Camps sind die Mädchen außerdem gezwungen worden, mit einem Mann zu schlafen - eine Tradition mit dem Namen „sexuelle Reinigung“. „Die meisten der Mädchen haben die Schule abgebrochen, kurz nachdem sie von den Camps zurückkamen. Niemand sprach darüber, was dort passierte. Sie wurden gewarnt, nicht darüber zu sprechen. Das war es, was mich als Teenager sauer machte: Warum sollten Mädchen im Stillen leiden? Warum sollten sie Menschen zweiter Klasse sein, warum sollten andere über ihr Leben bestimmen? Warum können wir nicht unsere Meinung sagen?“ erinnert sich Memory.

 

Engagement für die Selbstbestimmung von Mädchen

„Traditionen zu ändern ist schwer, und gerade für uns Mädchen war es eine Herausforderung, sich vor den traditionellen Oberhäuptern zu behaupten und sie zu bitten, solche schädlichen kulturellen Praktiken zu ändern“, erzählt die junge Frau. Die Aktivistinnen waren erfolgreich: Einige der Praktiken in den Camps wurden geändert und die Tradition der „sexuellen Reinigung“ verboten. Memory wurde immer motivierter und begann zu glauben, dass Veränderung möglich ist: „Dies war der Moment, in dem ich merkte, dass ich mutig sein muss, um einen Wandel zu erreichen.“

Gepackt von Aktivismus wurde Memory Teil einer nationalen und globalen von Plan International unterstützten Kampagne zur Beendigung von Kinderheirat. „Das gesetzliche Mindestalter für eine Heirat lag bei 15 Jahren. Wir waren der Meinung, dass das Gesetz geändert werden muss, weil uns das helfen würde, dass Kinderheirat nicht mehr als etwas Normales angesehen wird. Ich habe mich immer stärker engagiert. Meine Stimme wurde eine Waffe für den Wandel im Kampf um die Erhöhung des Mindestalters für eine Heirat auf 18 Jahre“, sagt die 20-Jährige.

2015 hatte Malawi noch die neunthöchste Rate der Kinderheirat. Die Hälfte der Mädchen im Alter von 20 bis 24 Jahren heirateten bevor sie 18 waren, 12 Prozent sogar vor ihrem 16. Lebensjahr. Im selben Jahr wurde Kinderheirat in Malawi zwar verboten, jedoch mit dem Schlupfloch, dass Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren weiterhin mit Zustimmung der Eltern heiraten durften.

Die Gruppe um Memory kämpfte weiter und wehrte sich mit ihrer Kampagne gegen diese Sonderregelung. Die Aktivistinnen und Aktivisten konnten über die Jahre Interessengruppen für sich gewinnen sowie ihr Anliegen vor verschiedenen Ministerien äußern. Sie organisierten zudem eine nationale Jugendkonferenz, auf der sie beschlossen, im September 2015 eine internationale Petition zu starten, um die Regierung dazu bewegen, ihr Recht auf Selbstbestimmung gesetzlich zu verankern. Sie sammelten über 42.000 Unterschriften, die sie auf der National Girls Conference an die sie unterstützende First Lady Malawis überreichten. Anfang 2017 wurde dann der Erfolg der Kampagne deutlich: Am 14. Februar stimmten 131 von 133 Abgeordneten dafür, die Gesetzeslücke zu schließen und Heirat erst ab 18 Jahren zu erlauben.

Bewusstsein stärken

„Ich bin so stolz darauf, ein Teil des Teams zu sein, das unermüdlich für diese Sache gekämpft hat. Jetzt müssen wir noch sicherstellen, dass das Bewusstsein über diese Veränderungen in unsere Gemeinden ankommt, damit die Menschen verstehen, dass es illegal ist, Mädchen im jungen Alter zu verheiraten. Wir müssen Bildung priorisieren und dafür sorgen, dass Mädchen eine starke Stimme bei den Entscheidungen haben, die sie selbst betreffen“, sagt Memory.

Plan International kämpft täglich für eine Zukunft, in der Mädchen und junge Frauen die gleichen Chancen genießen können wie Jungen und Männer. Unter dem Dach von Because I am a Girl arbeitet Plan daran, dass alle Mädchen lernen, leiten, selbst entscheiden und ihr volles Potenzial entfalten können. Das heißt auch, dass Mädchen selbst bestimmen können sollen, wann und wen sie heiraten. Deshalb setzt sich Because I am Girl weltweit gegen Kinder-, Früh- und Zwangsheirat ein.

Memory und die anderen Aktivistinnen sind ein Beispiel dafür, dass - entgegen vieler Vorurteile und Stereotype - Mädchen erfolgreich leiten und eine wichtige Rolle für einen Wandel spielen können.