Mit Radios gegen die Coronavirus-Pandemie
Das Coronavirus hat nicht nur das Leben in Deutschland und Europa fest im Griff. Auch in den Programmländern von Plan International haben die getroffenen Maßnahmen, um die Ausbreitung der Krankheit COVID-19 zu verlangsamen, weitreichende Folgen. Darüber haben wir mit Holger Lehmann gesprochen. Er ist Teamleiter für humanitäre Hilfe von Plan International Deutschland und Programmberater für die internationale Gesamtorganisation Plan International. In dieser Funktion hat er bis vor kurzem noch mit seiner Familie in dem afrikanischen Land Benin gelebt – aufgrund der weltweiten Ausbreitung der Krankheit COVID-19 mussten sie das Land letzte Woche verlassen.
COVID-19 breitet sich auch in Plan-Programmländern aus. Wie kann Plan dort seine Projekte weiterführen?
Wir haben aktuell über unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort weiterhin Zugang zu vielen Projektgebieten. Wo das nicht mehr der Fall ist, können wir uns damit behelfen, die Programme über lokale Partner und Mitglieder der Gemeindekomitees weiterzuführen, mit denen wir schon lange zusammenarbeiten. Wo auch das nicht mehr geht, können wir mit unserem Fachwissen Regierungen beraten und unterstützen. Das Radio wird dabei in vielen Regionen ein sehr wichtiges Arbeitsmittel sein, um den Informationsfluss und die Verbindung in die Gemeinden aufrecht zu halten. Darüber können wir zum Beispiel Aufklärung zu Themen wie Hygiene oder Kinderschutz machen.
Gibt es denn genügend Sendeplatz dafür?
Die Regierungen und Lokalregierungen werden uns sicherlich Platz dafür geben, vor allem wenn die Schulen länger geschlossen sein werden. Alternativ könnten wir uns aber auch Sendezeiten bei den Radiosendern kaufen. Wenn es nach mir ginge, würde ich jetzt für alle solarbetriebene Kurbelradios beschaffen. Die flächendeckende Verteilung von Radios ist eine wichtige Sofortmaßnahme. Wir haben so viele abgelegene und strom- und internetfreie Gemeinden, dort können wir das Radio jetzt nutzen, um über die COVID-19 Pandemie aufzuklären. Auch Jugendliche könnten eingebunden werden, zum Beispiel, indem sie Radiosendungen für andere Jugendliche und Kinder in isolierten und schwer zugänglichen Gemeinden machen.
Wo fängt Plan in dieser globalen Krise an zu arbeiten?
Bei der humanitären Hilfe orientieren wir uns am „Global Response Plan“ der Vereinten Nationen (UN), da wir es mit einer weltweiten Krise zu tun haben. Die UN analysieren, wo die Not am größten ist. Das sind Länder oder Regionen, die von verschiedenen Krisen gleichzeitig betroffen sind. In der Fachsprache nennt man das „doppelte Vulnerabilität“. Ein Beispiel dafür ist das südliche Afrika, das schon jetzt unter der Heuschreckenplage und einer Hungerkrise leidet. Oder aber Regionen, in denen es sehr viele Geflüchtete gibt wie z.B. in der Tschadsee-Region oder in Venezuela und den angrenzenden Ländern Lateinamerikas. Da die Menschen dort besonders vulnerabel sind, werden sie bei der humanitären Hilfe vorrangig behandelt.
Wie ist die Situation in unseren Patengemeinden?
Die zuständigen Regional- und Länderbüros reagieren lokal auf die Epidemie und erstellen Arbeitspläne. Alle Länderbüros sind angehalten, sich an ihre lokalen Partner sowie Gesundheits- und Bildungsministerien der jeweiligen Staaten zu wenden, Maßnahmen mit ihnen zu koordinieren und laufende Projekte entsprechend der COVID-19-Pandmie anzupassen. Natürlich wird es vor allem um Hygiene und soziale Distanzierung gehen. Da ist jetzt auch Kreativität gefragt. Zusätzlich zu normalen Wachstationen für Institutionen und öffentliche Orte setzen wir bei Plan auf so genannte „Tippy Taps“. Das sind leicht zu bauende Handwaschstationen: Mit Wasser gefüllte Kanister, die man über eine Schnur und Fußpedale öffnet und kippt, ohne einen Wasserhahn berühren zu müssen. Die können leicht durch jeden Haushalt selbst gebaut werden, sind wassersparsam und kosten wenig Geld.
Wie gut ist Plan aufgestellt?
Wir haben verschiedene Vorteile: Plan ist in den meisten Ländern schon sehr lange tätig und hat das Vertrauen der Gemeinden. Wir haben außerdem noch etwas Zeit, um uns auf die Verbreitung von COVID-19 vorzubereiten, denn noch ist das Virus nicht so stark verbreitet wie in Europa. Die Länderbüros können ihre Arbeit mit bestehenden und neuen lokalen Partnern planen. Unsere über viele Jahre aufgebauten Strukturen werden uns helfen. Zum Beispiel können wir in unseren frühkindlichen Zentren oder Berufszentren mit Aufklärung zum Coronavirus beginnen. Das ist auch wichtig, um etwaige Ängste zu nehmen und Falschinformationen zu Heilmitteln oder Impfungen etwas entgegen zu setzen.
Was ist mit dem Thema Kinderschutz?
Darin ist Plan sehr stark! In vielen Programmgebieten haben wir Kinderschutz-Komitees eingerichtet, die zu Kinderrechten, Hygiene, Bildung und vielen anderen Themen arbeiten – und die wir jetzt verstärkt für die Coronaproblematik einbinden. Auch, damit es durch die Krise nicht zu zusätzlicher Gewalt gegen Kinder kommt.
Wie werden die nächsten Wochen aussehen?
Wir wissen nicht, was nächste Woche sein wird und müssen unsere Hilfsmaßnahmen dementsprechend immer wieder anpassen. Die afrikanischen Staaten beispielsweise müssen sich aber auf das Schlimmste einstellen. Was Europa gerade erlebt, ist schlimm, aber was Afrika erwartet, ist etwas ganz anderes.
Über unsere Kategorie Sinnvoll Schenken unterstützen Sie die Verteilung und Herstellung von Radios in den Gemeinden. Zudem finden Sie dort auch weitere Produkte für die Corona-Hilfe.