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Rashida © Plan International
10.01.2018 - von Annika Best

Myanmar: Jung, schwanger, auf der Flucht vor Gewalt

Seit August geht das Militär Myanmars massiv gegen die muslimische Minderheit der Rohingya vor. Hundertausende mussten fliehen, auch zahllose Schwangere. Sechs Frauen erzählen ihre Geschichte.


Über eine halbe Millionen Rohingya mussten in den vergangenen Monaten aus Myanmar fliehen. Unter ihnen gibt es auch tausende schwangere Frauen. Auf ihrer gefährlichen Flucht nach Bangladesch müssen diese Frauen große Nöte ertragen: Viele reisen zu Fuß durch den Dschungel, während sie heftigem Monsunregen und Hitze schutzlos ausgeliefert sind.

Rashida (25) ist im neunten Monat schwanger und die Geburt ihres Kindes steht kurz bevor. Sie erreichte die Flüchtlingsunterkunft in Cox's Bazar, Bangladesch, im Oktober gemeinsam mit ihrem Mann und ihren drei Kindern. Diese sind fünf, vier und zweieinhalb Jahre alt.

„Wir haben neun Tage gebraucht, um das Lager zu erreichen”, erzählt sie. „Mein ganzer Körper schmerzte während der langen Reise. Wir hatten kein Essen und kein Wasser dabei, lediglich ein paar wenige Snacks, die wir unseren Kindern gaben. Wir wurden verfolgt, deswegen weiß ich nicht, wo meine Eltern sind. Mein Mann fiel immer wieder zurück, weil er unsere Kinder tragen musste.”

Ayesha Khatun (22) konnte im Oktober gemeinsam mit ihren Schwiegereltern das Flüchtlingscamp erreichen. Auch sie ist im neunten Monat schwanger. Wir sprachen mit ihr an dem Tag, als sie im Camp ankam und gemeinsam mit 50 anderen darauf wartete, sich registrieren zu können.

„Ich musste nachts flüchten, es hat sehr stark geregnet. Eine Plane diente uns als Zelt. Wir sind sechs Tage lang gelaufen, um hierhin zu kommen. Wir aßen nur, wenn die Menschen, die wir trafen, uns Essen gaben. Bis jetzt war ich weder beim Arzt noch habe irgendwelche Medikamente bekommen.”

Nur Begum (22) kam im September zum Balukhali Camp in Cox's Bazar, Bangladesch, zusammen mit ihrer Familie. Ihr Haus in ihrer Heimat wurde in Brand gesetzt und ihre Rinder gestohlen.

„Ich hatte große Angst, als wir geflohen sind. Ich hatte zuvor viele Geschichten über Babys gehört, die getötet worden waren. Wenn jemand ein Kleinkind auf seinem Schoß hatte, wurde ihm dieses weggenommen und es brutal ermordet”, schildert Nur, die ebenfalls im neunten Monat schwanger ist.

Die 20-jährige Sajeda Begum erreichte im August die Flüchtlingsunterkunft in Bangladesch. Auch sie ist im neunten Monat schwanger und hat vor kurzem ihre erste medizinische Vorsorgeuntersuchung während der Schwangerschaft erhalten. Das Baby wird ihr erstes Kind sein. Sajeda hat keine Verwandten in der Unterkunft. Sie brauchte zwei Tage bis nach Bangladesch.

„Ich musste mein Leben retten. Auch wenn das für mich bedeutete, dass ich während der letzten Wochen meiner Schwangerschaft einen Zwei-Tages-Marsch nach Bangladesch unternehmen musste. Es macht mich glücklich, dass mein Baby hier geboren wird, wo keine Grausamkeiten passieren. Doch ich bin auch besorgt, mein Ehemann kann nicht hierher kommen. Leider habe ich hier niemanden mit dem ich über meine Ängste sprechen kann.”

Sakina ist 24 Jahre alt und zweifache Mutter. Sie erreichte das Balukhali Camp im September.

„Wir wären nicht hierhin gekommen, wenn unser Dorf nicht angegriffen geworden wäre”, sagt sie. „Noch bevor sie bei uns einfielen, schnitten sie unsere Wasser- und Gasversorgung ab, zerstörten unsere Arbeitsgeräte und nahmen uns unsere Rinder weg. Sie wollten unser Leben so erbärmlich wie möglich machen, um uns dazu zu bringen, unser Dorf zu verlassen. Wir aber hielten dem stand. Bis zu dem Tag, als sie unser Haus anzündeten.”

„Ich flüchtete in der Kleidung, die ich trage. Meine Familie und ich brauchten fünf Tage bis nach Bangladesch. Ich konnte, weil ich hochschwanger bin, nur sehr langsam laufen. Auf unserer Flucht, als wir um unser Leben rannten, fühlte ich mich nicht hungrig. Als wir hier ankamen, war ich sehr glücklich, es fühlte sich an, als hielten wir die Welt in unseren Händen.”

Meenara Begum, 20, steht kurz davor, ihr Kind zu bekommen. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern floh sie nach Bangladesch und lebt im Balukhali Flüchtlingslager. „Ich fühle mich hier sicher”, sagt Meenara, „wir werden endlich nicht mehr verfolgt.”

Kinder wieder mit ihren Familien zusammenbringen

Plan International ist in der Balukhali Siedlung in Cox’s Bazar vor Ort und stellt dort lebenswichtige Hygieneartikel und -informationen bereit. So soll verhindert werden, dass sich Krankheiten übertragen und verbreiten können. Der Einsatz von Plan International hat mittlerweile etwa 60 000 Menschen erreicht – mehr als die Hälfte sind Mädchen und Frauen. 10 000 Hygiene-Sets wurden verteilt, 700 Latrinen mit separaten Kabinen für Männer und Frauen wurden gebaut, genauso wie 200 frauenfreundliche Badeeinrichtungen.

2018 konzentriert sich Plan International vor Ort auf die Unterstützung von zurückgebliebenen Kindern. Ziel dabei ist es, die Kinder wieder mit ihren Familien zusammen zu bringen, ihnen das Lernen zu ermöglichen und sie in ihren Lebenskompetenzen zu unterstützen. Dabei soll bis zu 250 000 Menschen geholfen werden.