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Eine Plan-Mitarbeiterin steht in einer von der Explosion zerstörten Wohnung. ©Plan International
Eine Plan-Mitarbeiterin steht in einer von der Explosion zerstörten Wohnung. ©Plan International
28.08.2020 - von Sascha Balasko

Nach der Explosion von Beirut: Mit Theater, Basteln und Sport gegen das Trauma der Kinder

Plan International leistet Nothilfe mit lokalen Partnern in der libanesischen Hauptstadt. Das Kinderhilfswerk verteilt nicht nur Hygieneartikel und Gesichtsmasken, sondern leistet psychologische Erste Hilfe. Kinder und ihre Familien erhalten Unterstützung, um mit dem Erlebten fertig zu werden.

Die Bilder der Druckwelle von Beirut lösten einen weltweiten Schock aus. Am 4. August explodierten rund 3.000 Tonnen Ammoniumnitrat im Hafen der libanesischen Hauptstadt. Mehr als 190 Menschen kamen dabei ums Leben. 6.500 wurden verletzt, darunter nach UNICEF-Angaben rund 1.000 Kinder. Große Teile der Mittelmeermetropole sind verwüstet. Laut Behördenangaben sind Wohnungen von 300.000 Menschen, darunter 100.000 Mädchen und Jungen (UNICEF), beschädigt oder zerstört. Unzählige Bewohnerinnen und Bewohner von Beirut sind traumatisiert. 

Plan International hat unmittelbar nach dem Unglück Nothilfe vor Ort gestartet. „Die Explosion hat eine humanitäre Krise ausgelöst. Tausende von Kindern und ihre Familien brauchen dringend Nahrungsmittel, Wasser und psychosoziale Hilfe. Viele haben alles verloren“, sagt Maike Röttger, Geschäftsführerin von Plan International Deutschland. „Das Unglück trifft das Land inmitten einer schweren wirtschaftlichen und politischen Krise, die durch die Corona-Pandemie noch einmal verschärft wurde.“

Bereits vor der Explosion waren eine halbe Million Kinder im Land von Hunger bedroht

Kinder gehören zu der am meisten gefährdeten Gruppe im Land. Bereits vor der Explosion waren im Libanon rund eine halbe Million Mädchen und Jungen von Hunger bedroht. Es ist zu erwarten, dass diese Zahl noch steigen wird. Auch in anderen Bereichen ist das Kindeswohl in Gefahr: Durch Wohnungslosigkeit, Trennung von den Eltern sind sie einem hohen Risiko von Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung ausgesetzt. Maike Röttger: „Dabei gilt unsere Sorge insbesondere Mädchen und jungen Frauen. Gerade sie werden in solchen Krisensituationen häufig Opfer von sexueller Gewalt.“

Plan International arbeitet mit lokalen Partnern im Libanon zusammen, um Nahrungsmittel, Hygiene-Kits und lebensnotwendige Güter wie Damenbinden, Windeln, Handdesinfektionsmittel, Seife und Gesichtsmasken an Kinder und ihre Familien zu verteilen. Zudem leistet das Kinderhilfswerk psychosoziale Unterstützung für Kinder, die durch die Explosion verletzt, obdachlos geworden sind oder Familienmitglieder verloren haben. Gerade sie sind anfällig dafür, eine posttraumatische Belastungsstörung oder Angstzustände zu entwickeln. Es wird davon ausgegangen, dass etwa 60.000 Kinder psychologische Unterstützung brauchen. 

Plan International hilft Kindern und ihre Familien, mit dem erlebten fertig zu werden

Gegenüber Plan International berichten Eltern davon, dass Kinder immer häufiger Schwierigkeiten hätten einzuschlafen, unter Albträumen litten oder Angst hätten, nach draußen zu gehen. Die Furcht, allein gelassen zu werden, führt bei einigen Kindern zu aggressivem Verhalten, ständigem Weinen oder Bindungsproblemen. Christina, eine Mutter, berichtet davon, dass ihr fünfjähriger Sohn sich weigert, in seinem eigenen Bett zu schlafen, seit die Explosion ihr Viertel nahezu vollständig zerstört hat. „Er möchte, dass ich ihn die ganze Zeit im Arm halte. Ich weiß nicht, wie ich ihm Sicherheit vermitteln soll. Ich fühle mich selbst unsicher.“

Plan International organisiert deshalb Aktivitäten für Kinder wie Theater, Basteln, Geschichtenerzählen und Sport, bei denen sie in einer sicheren Umgebung mit anderen interagieren können. Neben der psychologischen Ersten Hilfe gibt Plan International Eltern Hilfestellung bei der Frage, wie sie mit Kindern und Jugendlichen über die Katastrophe sprechen können.

Maike Röttger: „Neben Nahrung, Hygieneartikeln und Unterkünften ist auch psychosoziale Unterstützung erforderlich, um den Kindern und ihren Familien in Beirut zu helfen, mit dem Erlebten fertig zu werden. Sie sollen darüber sprechen und ihren Gefühlen Ausdruck verleihen können. Wir möchten ihnen auf diese Weise die Möglichkeit geben, ihre Traumata zu überwinden. Den zahlreichen Spenderinnen und Spendern, die uns bei diesem Vorhaben unterstützen, möchte ich herzlich für ihr Engagement danken.“