Weltweit leben heute rund 650 Millionen Mädchen und Frauen, die vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet und damit ihrer Kindheit beraubt wurden. Darauf macht Plan International anlässlich des Weltfrauentages am 8. März aufmerksam. Seit vielen Jahren setzt sich die Kinderhilfsorganisation für ein Ende der Kinderheirat ein und fordert die Politiker in den betroffenen Ländern auf, gesetzliche Voraussetzungen zu schaffen und diese umzusetzen. Am meisten verbreitet ist die Kinder-, Früh- und Zwangsverheiratung in West- und Zentralafrika, wo mehr als 40 Prozent der Mädchen vor ihrer Volljährigkeit in eine Ehe gezwungen werden.
„Frauen, die bereits als Minderjährige verheiratet wurden, haben einen denkbar schlechten Start ins Leben und kaum eine Chance, der Spirale aus Armut, Abhängigkeit und mangelnder Bildung zu entkommen“, sagt Maike Röttger, Geschäftsführerin von Plan International Deutschland. „Frühverheiratung ist nicht nur eine gravierende Menschenrechtsverletzung, sie hindert Mädchen und Frauen auch ganz massiv an ihrer Entwicklung: Die meisten Mädchen sind gezwungen, die Schule vorzeitig zu verlassen. Viele von ihnen werden schwanger oder traumatisiert. Das Risiko, auch langfristig Opfer von Gewalt und Missbrauch zu bleiben, ist hoch.“
In über 70 Prozent der afrikanischen Länder ist eine Verheiratung unter 18 Jahren gesetzlich möglich. Eklatant ist auch der unterschiedliche Maßstab, der in vielen Ländern beim Alter der Mädchen und Jungen angelegt wird: So ist das legale Mindestalter von Mädchen in zehn Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union deutlich niedriger als bei Jungen. Besonders gravierend sind die gesetzlichen Regelungen beispielsweise im Sudan. Dort dürfen Mädchen schon mit zehn Jahren verheiratet werden, während die Jungen mindestens 18 sein müssen. Das sind nur einige Ergebnisse des Kompendiums, das Plan International gemeinsam mit UN Women und dem Sozialrat der Afrikanischen Union erstellt hat. Das Nachschlagewerk gibt eine umfangreiche Übersicht über die gesetzlichen Regelungen zur Verheiratung und den Status quo in den einzelnen afrikanischen Ländern.
Um die Frühverheiratung von Mädchen in Afrika zu beenden, führt Plan International seit Kurzem ein umfassendes Projekt durch, das die Arbeit mehrerer afrikanischer Länder miteinander verknüpft. Ziel ist es, den generationsübergreifenden Kreislauf aus Armut, Abhängigkeit und mangelnder Bildung für Frauen in den beteiligten Ländern zu durchbrechen. Dabei werden auch traditionelle Autoritäten in die Aufklärungsmaßnahmen eingebunden. Um gesellschaftliche Entscheidungsprozesse zu beeinflussen, die sie betreffen, werden die teilnehmenden Mädchen befähigt, sich auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene auszutauschen und führende Rollen in ihren Gemeinden zu übernehmen. Das länderübergreifende Projekt mit dem Titel „Stärkung der Zivilgesellschaft zur Beendigung der Kinderheirat“ wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt.
„Gleichberechtigung von Frauen beginnt bei den Mädchen“, sagt Maike Röttger. „Sie kann nur vorankommen, wenn Mädchen von ihren wichtigsten Verbündeten, nämlich uns Frauen, eingebunden und unterstützt werden. Mit der Kampagne „Girls Get Equal“ setzen wir uns für eine Welt ein, in der Mädchen ohne Angst und Diskriminierung leben und führende Rollen übernehmen können.“