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Weltbevölkerungsbericht 2018
PHOTO CREDIT Plan International / Fabricio Morales
17.01.2019 - von Plan Redaktion

Weltbevölkerungsbericht 2018 - „Die Macht der freien Entscheidung – reproduktive Rechte und der demografische Wandel“

„Die Macht der freien Entscheidung – reproduktive Rechte und der demografische Wandel“. Das ist der Titel des Weltbevölkerungsberichts 2018, veröffentlicht durch den Bevölkerungsfond der Vereinten Nationen (UNFPA). Zu Beginn des neuen Jahres möchten wir noch einmal auf diesen und einen seiner grundlegenden Fragen zurückkommen „Haben die Menschen – sowohl Männer als auch Frauen, an jedem Ort, in allen Einkommensschichten, in jedem Alter und in allen Bevölkerungsgruppen – so viele Kinder wie sie sich wünschen?“ Ihr seid auf die Antwort gespannt und wollt wissen was sonst noch Interessantes im Weltbevölkerungsbericht steht? Wir haben für euch einige wichtige Fakten aus dem Bericht im nachfolgenden Artikel zusammengetragen! Viel Spaß beim Lesen

 

Frei und verantwortungsvoll über die Anzahl, den Zeitpunkt und den zeitlichen Abstand von Schwangerschaften zu bestimmen ist ein Menschenrecht. Ein Menschenrecht, das bisher aber in keinem Land universell verwirklicht wird. Der Verwirklichung der reproduktiven Rechte stehen soziale, institutionelle und ökonomische Hindernisse entgegen. Dies gilt für Länder mit hoher, aber auch für solche mit niedriger Fertilität - Fruchtbarkeit.
Die aktuelle Situation zeigt weltweit einen stetigen Rückgang der Fertilitätsrate. Mit Ausnahme der Demokratischen Republik Kongo sind die Fertilitätsraten in allen Ländern niedriger als noch vor 50 Jahren. Im weltweiten Durchschnitt bekam eine Frau im Jahr 1950 noch fünf  Kinder. Heute sind es nur noch 2,5 Kinder pro Frau. Es wird prognostiziert, dass bis zum Jahre 2050 in keinem Land der Welt die Anzahl der Kinder pro Frau größer als fünf sein wird.

Doch was bedeutet es, wenn ein Land eine hohe beziehungsweise niedrige Fertilitätsrate aufweist? 

Länder mit einer hohen Fertilitätsrate weisen ein starkes Bevölkerungswachstum und eine Bevölkerungsstruktur mit einem überproportional großen Anteil an unter 15-Jährigen vor.
Die Regierungen haben große Probleme eine ausreichende Schulbildung, eine allgemeine Gesundheitsversorgung und genügend Arbeitsplätze für alle bereitzustellen. Ein großer Teil der Länder mit hoher Fertilitätsrate kann auf dem afrikanischen Kontinent lokalisiert werden, aber auch Länder wie Afghanistan oder die Philippinen weisen eine hohe Fertilitätsrate auf.

Die Industrieländer Asiens, Europas und Nordamerikas gehören zu den Ländern mit niedriger Fertilitätsrate. Der Anteil der älteren Bevölkerung ist besonders hoch. Dies birgt Probleme bei der Finanzierung der Sozialversicherungssysteme. Zudem müssen Dienstleistungen wie z.B. im Gesundheitswesen an den demographischen Wandel angepasst werden. Ein Mangel an jungen Fachkräften könnte auf Dauer das Wirtschaftswachstum einer Nation hemmen und diese weniger konkurrenzfähig machen. In diesen Teilen der Welt haben die Menschen zum Teil sogar weniger Kinder als sie sich wünschen.

Fertilitätsrate nach Weltregionen 2018

Durchschnittliche Zahl der Geburten je Frau:

  • Afrika: 4,6
  • Australien, Ozeanien: 2,3
  • Asien: 2,1
  • Lateinamerika, Karibik: 2,1
  • Nord-amerika: 1,7
  • Europa: 1,6
  • Weltweit: 2,4
    (statista 2018)

Welche Hürden gibt es in den unterschiedlichen Regionen der Welt, die es Frauen erschweren, weniger – oder auch mehr – Kinder zu bekommen, als sie sich wünschen? 

Hohe Fertilität:

Traditionelle und religiöse Wertvorstellungen

  • Restriktive Regelungen, die einen Schwangerschaftsabbruch gar nicht oder nur aus medizinischen Gründen erlauben

Geschlechtsspezifische Diskriminierung + Gewalt

  • Teilweise noch tief verwurzelt in der Gesellschaft
  • Untergeordnete Stellung bedeutet, dass Frauen ihre Rechte nicht kennen, sie nicht verstehen oder nicht wissen, wie sie einzufordern sind
  • Kein Schutz vor Kinderehen
  • Frühe Verheiratung und damit einhergehende frühe Schwangerschaften

Ungedeckter Bedarf an Verhütungsmitteln 

  • Mangel an modernen Verhütungsmitteln
  • Zugangsbeschränkungen für Personen, die nicht verheiratet sind oder eine bestimmte Altersgrenze unterschreiten
  • Keine flächendeckende Versorgung mit einer Bandbreite an Verhütungsmitteln

Defizite im Gesundheitssystem

  • Hohe Kindersterblichkeit Aufgrund von unzureichenden oder für die Bevölkerung nicht erschwinglichen Gesundheitsdienstleistungen - Höhere Geburtenrate, um Verluste bei Geburt durch Krankheit oder Unterernährung zu kompensieren

Eingeschränkte & mangelhafte Sexualaufklärung 

  • Innerhalb der Bildungssysteme - Mangel an altersgerechten Informationen und fehlender Raum für Fragen - Junge Menschen können keine informierten Entscheidungen treffen

Ökonomische Hürden

  • Qualitativ schlechte Arbeitsplätze und Bedingungen
  • Niedriges Einkommen
  • Fehlende Kinderbetreuung
  • Große Anzahl an Kindern schützen notwendige Einkommen der Eltern bei Ausfällen und Krankheit (Kinder = Altersvorsorge der Eltern)
Niedrige Fertilität

Kinderbetreuung

  • Lückenhafte Versorgung hochwertiger Kinderbetreuung erschwert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie
  • Keine bedarfsdeckende Kinderbetreuung für alle
  • Frauen leisten größeren Teil der unbezahlten Kinderbetreuung 

Teurer Wohnraum

  • Meist nicht erschwinglicher Wohnraum für größere Familien

Instabile Arbeitsmärkte

  • Überhandnehmen gering qualifizierter Jobs und unsicherer Arbeitsverhältnisse (befristete Verträge, Zeitarbeit)
  • Je unsicherer sich junge Menschen über ihr zukünftiges Wohlergehen sind, umso eher werden sie sich dafür entscheiden, die Gründung einer Familie hinauszuzögern.

Bildungsniveau

  • Frauen mit höherem Bildungsniveau bekommen generell weniger Kinder, sie sind autonomer bei reproduktiven Entscheidungen
  • Sie neigen dazu später zu heiraten und Kinder zu bekommen, da sie selbst beruflich aufsteigen möchten
  • Verfügen über ein größeres Wissen rund um Verhütungsmittel

Spätere Familiengründung

  • Spätere Eheschließungen führen dazu, dass Frauen später Kinder bekommen. Im hohen Alter werden die Frauen nicht mehr so leicht schwanger. 
  • Eine künstliche Befruchtung, etwa durch In-vitro-Fertilisation, ist nicht immer ohne weiteres verfügbar oder erschwinglich. 

Privatisierte Gesundheitsdienstleistungen

  • Bürdet den NutzerInnen Kosten auf, die insbesondere ärmeren und jüngeren Menschen ihrer reproduktiven Rechte beraubt, wenn sie die Mittel nicht aufbringen können. 
  • Beispiel: Universeller Zugang zur vollständigen Bandbreite von Verhütungsmitteln nicht gewährleistet

Was muss sich verändern?

Die Diskrepanz zwischen erwünschter und tatsächlicher Familiengröße ist zu hoch. Die Menschen müssen dazu befähigt werden informierte Entscheidungen über ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit treffen zu können. Es muss ein Bewusstsein und die dazu benötigten Mittel geschaffen werden, damit der Mensch selbst die Anzahl seiner Kinder durch eigene Vorkehrungen kontrollieren und beeinflussen kann.
Doch damit dies erreicht werden kann müssen Stück für Stück die ökonomischen, sozialen und institutionellen Barrieren abgebaut werden. Regierungen müssen die Fertilität ihres Landes durch gezielte Maßnahme steigern oder senken.
Die reproduk¬tiven Rechte werden in keinem Land der Welt für alle gleichermaßen umgesetzt. Doch die reproduktiven Rechte alleine zu wahren, ist schon ein lohnendes Ziel. Zudem kann die Verwirklichung dieser Rechte andere Menschenrechte stärken und Länder dazu verhelfen ihre ökonomische und soziale Entwicklung voranzutreiben.

Text: Susan und Luisa aus dem Plan-Jugendbeirat

Den ganzen Weltbevölkerungsbericht findet ihr hier: https://www.dsw.org/weltbevoelkerungsbericht/

statista 2018: Fertilitätsrate nach Weltregionen 2018, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1724/umfrage/weltweite-fertilitaetsrate-nach-kontinenten/, 17.01.2019.