Die Waisen des Konflikts in Cabo Delgado
Die 13-jährige Amelia* floh aus ihrer Heimatstadt, nachdem bewaffnete Männer in ihr Haus eingedrungen waren. „Die Rebellen kamen in unser Haus und sagten uns, wir sollten im Wohnzimmer warten. Als meine Familie versammelt war, begannen sie sofort, alle meine männlichen Familienmitglieder zu töten. Zuerst erschossen sie meinen Bruder und dann meinen Vater, und zwangen meine Mutter und mich dabei zuzuschauen. Danach brüllten sie uns an, dass wir sofort verschwinden sollen.“
Amelia und ihre Mutter flohen in die Provinzhauptstadt Pemba, wo sie versuchten, ein Transportmittel für die Weiterreise nach Nampula zu finden. Tragischerweise starb Amelias Mutter eine Woche später nach einem kurzen Krankheitsverlauf. Jetzt lebt Amelia in einem Geflüchtetenlager. Sie teilt sich ein Zelt mit anderen Kindern, die von ihren Familien getrennt wurden, unbegleitet oder verweist sind.
Amelias Geschichte ist kein Einzelfall: 2017 haben bewaffnete Aufständische abgelegene Gebiete im Norden Mosambiks unter ihre Kontrolle gebracht. Seitdem versuchen sie, ihr Herrschaftsgebiet auszuweiten, was dazu geführt hat, dass inzwischen mehr als 700.000 Menschen vertrieben wurden.
Amelias Trauma wird ihr vor allem nachts bewusst, wenn sie versucht zu schlafen: „Nachdem sie meinen Vater erschossen haben, hat einer der Aufständischen seine Arme und Beine abgetrennt, wie bei einem Schlachttier. Vor diesem Tag hatte ich es nicht für möglich gehalten, dass Menschen so etwas tun. Jetzt denke ich jeden Tag daran. Nachts kann ich deswegen kaum schlafen und träume davon.“
Amelia besucht derzeit die sechste Klasse. Sie berichtet, dass sie manchmal den Unterricht schwänzt: Weil sie weder Schulsachen noch eine Uniform besitzt, wird sie von ihren Klassenkameraden gehänselt. Auch während ihrer Periode verpasst sie wertvollen Unterricht, da sie sich keine Menstruationsprodukte leisten kann.
„Die anderen Schüler:innen wollen mir keine Schulsachen leihen, sodass ich meine Hausaufgaben nicht machen kann. Das bringt mir natürlich Ärger mit den Lehrer:innen ein. Ich gehe auch nicht in die Schule, wenn ich meine Tage habe, weil ich mich nicht blamieren will, falls man Blut durch meine Kleidung sieht“, erklärt Amelia.
Plan International arbeitet in dem Geflüchtetenlager, in dem Amelia lebt. Dort wurden Erdbohrungen vorgenommen, damit die Bewohner:innen Zugang zu sauberem Wasser haben. Außerdem verteilt Plan Menstruationshygiene-Kits an Jugendliche wie Amelia. Beide Maßnahmen helfen den Mädchen während ihrer Periode, sodass sie den Unterricht nicht mehr verpassen müssen.
Das Kinderhilfswerk weitet derzeit die Maßnahmen in Mosambik aus, um humanitäre Hilfe für Mädchen und junge Frauen zu leisten. Das übergeordnete Ziel ist es, sicherzustellen, dass Mädchen Zugang zu Bildung haben, und die Chance, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten - während das Land Mosambik daran arbeitet, den Frieden in Cabo Delgado wiederherzustellen.
*Name wurde zum Schutz der Identität geändert.