Klimakrise in Sambia und Simbabwe trifft Mädchen und junge Frauen besonders stark
Sambia und Simbabwe werden infolge des Klimawandels immer häufiger von Dürren, aber auch starken Überschwemmungen heimgesucht. Das vernichtet nicht nur Ernten und bringt Familien in Existenznöte, es hat auch massive Auswirkungen auf das Leben von Mädchen und jungen Frauen. Aus wirtschaftlicher Not heraus müssen sie die Schule vorzeitig verlassen, werden zu jung verheiratet und sind der Gefahr sexueller Übergriffe durch immer weitere Wege zur Schule oder zum Holen von Wasser oder Brennholz ausgesetzt. Das ist das Ergebnis des Berichtes „Heranwachsende Mädchen in der Klimakrise“, für den Plan 16 junge Frauen zwischen 20 und 28 Jahren in Sambia und Zimbabwe die sekundären Folgen des Klimawandels in ihren Gemeinden hat erforschen lassen. Die Aktivistinnen befragten insgesamt 160 Mädchen zwischen 14 und 19 Jahren zu diesem Thema.
Zum Weltklimagipfel in Glasgow (COP26) entwickelten sie auf Basis dieser Umfrage eine Reihe detaillierter Empfehlungen für politische Entscheidungsträger:innen, um die indirekten Folgen der Klimaveränderungen für Kinder, insbesondere aber für Mädchen, abzumildern. Sie fordern beispielsweise den Bau neuer Schulen, die auch von überschwemmungsgefährdeten Gemeinden aus ohne Gefahren erreichbar sind. Weitere Vorschläge sind eine bessere Anpassung der Unterrichtszeiten an die wechselnden Jahreszeiten sowie die Einrichtung von Satellitenschulen. Das sind kleine Ableger großer Schulen, in denen mehrere Jahrgänge von einer Lehrkraft in einer Zwergschule unterrichtet werden. Satellitenschulen ermöglichen es Mädchen in abgelegenen ländlichen Regionen, ihre Schule zu beenden, ohne dem Risiko weiter und gefährlicher Schulwege ausgesetzt zu sein.
Die Aktivistinnen fordern die Regierungen zudem auf, sicherzustellen, dass das Thema Klimawandel in die Lehrpläne aufgenommen wird, dass Gemeinden Anpassungsstrategien entwickeln und junge Frauen aktiv in Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge und Stärkung der Resilienz involviert werden. Sie sind häufig diejenigen, die bei drohenden Katastrophen allein mit den Kindern zuhause sind und dringend auf lebensrettende Informationen angewiesen sind.
Frauen sind in vielen Ländern generell nicht ausreichend zum Thema Klimawandel informiert. Die Mädchen berichteten zum Beispiel, dass sie Nachrichten zu diesem Thema nur von ihren Brüdern und Vätern erhielten, die in lokale Geschäfte und Bars mit Radio oder TV gingen, beispielsweise während der europäischen Fußball-Saison. Die sekundären Folgen des Klimawandels haben einen gravierenden Einfluss auf die Bildung von Mädchen. Nach Angaben des Malala Fund gibt es vier Millionen Mädchen in Ländern mit niedrigem und niedrigem mittlerem Einkommen, die 2021 aufgrund klimabedingter Ereignisse die Schule nicht beenden werden.
Kathrin Hartkopf, Geschäftsführerin von Plan International Deutschland: "Der Klimawandel ist verantwortlich für eine der größten globalen generationenübergreifenden, geschlechtsspezifischen und sozialen Ungerechtigkeiten unserer Zeit. Wir fordern die Staats- und Regierungschefs des COP26 auf, die Anstrengungen zur Emissionsreduktion zu erhöhen und die Klimafinanzierung auf mindestens 100 der zugesagten Milliarden US-Dollar pro Jahr zu erhöhen. Junge Menschen, insbesondere Mädchen und junge Frauen, müssen sinnvoll in die Entwicklung und Umsetzung klimapolitischer Prozesse einbezogen werden."
Ergebnisse des Berichtes im Einzelnen:
- In Sambia führten extreme Wetterbedingungen zu Viehsterben, Zerstörung von Gebäuden, verunreinigtem Trinkwasser und Ausbrüchen von Krankheiten wie Malaria. Gleichzeitig gibt es erste Maßnahmen zur Anpassung wie Wiederaufforstungen oder Methoden zur Gewinnung von Trinkwasser.
- Junge Frauen dürfen wegen der patriarchalischen Strukturen in den Gemeinden nicht mitentscheiden, wenn es um die Konsequenzen des Klimawandelns geht. Viele Entscheidungen haben aber negative Auswirkungen auf ihr Leben. Dazu gehört vor allem, dass sie von ihren Eltern aus wirtschaftlicher Not verheiratet werden.
- Die Interviews zeigten, dass Eltern den Jungen den Vorrang einräumen, wenn sie sich die Schulgebühren nicht mehr für alle Kinder leisten können oder Mädchen gefährdet sehen. Überschwemmungen zerstören häufig Straßen und Brücken und lassen den Schulweg für Mädchen länger und damit riskanter werden.
- In Simbabwe stellten die Aktivistinnen eine zunehmende Versalzung des Grundwassers fest, ebenso eine Zunahme von Schädlingen wie zum Beispiel Heuschrecken, die die Ernten zerstören.
- Starke Regenfälle und Überschwemmungen zwangen Mädchen, in den Klassenräumen ihrer weit entfernt gelegenen Schulen zu übernachten – und setzten sie so dem Risiko sexueller Übergriffe aus.
- Fehlendes Wasser beeinträchtigt die Menstruationshygiene der Mädchen maßgeblich. Sie versäumen während ihrer Periode den Unterricht, weil sie sich nicht angemessen versorgen können. In einigen Fällen erzählten die Befragten, dass sie 20 Kilometer bei großer Hitze und ohne angemessene Damenbinden und Unterwäsche zu Fuß gehen mussten. Als Konsequenz bleiben viele während ihrer Periodenblutung lieber zuhause.
- Mädchen berichteten zudem von sexuellen Belästigungen, die zunehmen, da sie auf der Suche nach Ressourcen wie Wasser oder Brennholz immer weitere Wege bewältigen müssen.
- In Simbabwe gab es geschlechtsspezifische Mythen zu den Ursachen des Klimawandels. So durften bei Zeremonien zum Herbeirufen von Regen nur Frauen mitmachen, die nicht sexuell aktiv und nicht im gebärfähigen Alter waren. In anderen Fällen wurden Frauen auch für negative Auswirkungen des Klimawandels verantwortlich gemacht.
Maßnahmen gegen den Klimawandel
Um die Folgen der Dürren abzumildern, hat Plan International Brunnen in Sambia bauen lassen – damit Mädchen u.a. nicht mehr soweit laufen müssen, um Wasser zu holen. Zudem wurden "Würde-Kits" bereitgestellt. Dabei handelt es sich um Pakete mit Damenbinden, Seife und anderen Materialien, die junge Frauen benötigen, um ihre Menstruationshygiene zu verbessern, vor allem, wenn sie nur begrenzten Zugang zu sauberem Wasser haben. Über ein vierjähriges Klimaschutzprojekt werden 400 junge Frauen und Männern in nachhaltigen landwirtschaftlichen Berufen ausgebildet.
In Zimbabwe wie Sambia bauen Bauern zum Teil bereits dürreresistente Pflanzen wie Sorghum, Hirse, Erdnüsse und Mais an. In beiden Ländern gibt es Wiederaufforstungsmaßnahmen und erste Maßnahmen zum Umstieg auf Viehsorten, die Dürre besser standhalten.
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