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Eine junge Frau steht in Mitten einer Gruppe von Jugendlichen und zeigt ihnen an einem Holz-Modell, wie man ein Kondom benutzt
Der Zugang zu qualitativ hochwertigen Dienstleistungen und Informationen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit kann das Leben von Mädchen und Frauen, aber auch ihrer Gemeinden positiv und nachhaltig verändern. © Plan International
28.01.2021 - von Anne Rütten

„Mexico City Policy“ wird außer Kraft gesetzt

US-Präsident Biden ermöglicht mit dem für heute angekündigten außer Kraft setzen der „Mexico City Policy“ einen besseren Zugang zu sexueller und reproduktiver Aufklärung und Gesundheitsversorgung für Millionen Mädchen und Frauen weltweit.

Der neu gewählte US-Präsident Joseph Biden hat in seiner ersten Woche im Amt gleich eine Reihe Entscheidungen seines Vorgängers rückgängig gemacht. Darunter fällt auch seine für heute angekündigte Handlung, mit der er die „Mexico City Policy“ (MCP), auch als „Global Gag Rule“ bekannt, wieder außer Kraft setzen will. Plan International begrüßt das, denn damit beendet Biden nicht nur den durch die US-Regierung lange eingeschränkten Zugang zu medizinisch sicherer und legaler Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen, sondern auch den Zugang zu Beratung und Aufklärung rund um sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte (SRGR), Verhütung, Gesundheitsversorgung einschließlich HIV/AIDS und Familienplanung auf der ganzen Welt. 

Die „Mexico City Policy“ legt fest, dass allen ausländischen Organisationen, die Abtreibungen anbieten oder nur darüber informieren, keine US-amerikanischen Entwicklungsgelder erhalten. Das betrifft auch Gesundheitsprojekte, die gar nichts mit Schwangerschaftsabbrüchen zu tun haben. Damit hat die MCP weltweit Auswirkungen auf die Entwicklungszusammenarbeit ausländischer Nichtregierungsorganisationen – und somit letztlich auch auf Millionen Mädchen und Frauen. 2020 konnte laut Deutscher Stiftung Weltbevölkerung in Ländern des globalen Südens jede vierte Frau nicht selbst und frei entscheiden, wann und wie viele Kinder sie bekommt. Dabei ist die Selbstbestimmung über den eigenen Körper, einschließlich der Familienplanung, ein grundlegendes Recht von allen Menschen weltweit.

Die langfristigen Folgen der „Mexico City Policy“ gehen weit über einen Anstieg ungewollter Schwangerschaften, fehlende medizinische Versorgung während Schwangerschaften und Geburt, steigende Raten von Mütter- und Säuglingssterblichkeiten hinaus. Denn Mädchen und junge Frauen, die früh schwanger werden, müssen meist vor ihrem Abschluss die Schule verlassen und haben dadurch keine Chance auf eine Ausbildung oder eigene ökonomische Absicherung und somit auch keine Chance, ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben führen zu können.

Darüber hinaus hat die „Mexico City Policy“ einer Studie der Stanford Universität zufolge, die Zahl der Abtreibungen nicht, wie intendiert, reduziert, sondern zumindest in den am stärksten betroffenen Ländern um bis zu 40 Prozent ansteigen lassen. Oft handelt es sich hierbei um Abtreibungen unter unsicheren medizinischen Bedingungen, an denen Mädchen und Frauen nicht selten sterben. Dieser enorme Anstieg der Abtreibungsrate spiegelt auch den Rückgang der Nutzung von Verhütungsmitteln und einer Zunahme ungewollter Schwangerschaften wider.

Die Erfahrungen von Plan International zeigen, dass der Zugang zu qualitativ hochwertigen Dienstleistungen und Informationen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit das Leben von Mädchen und Frauen, aber auch ihrer Gemeinden positiv und nachhaltig verändern kann. Daher ist es dringend notwendig, dass die „Mexico City Policy“ nicht nur außer Kraft gesetzt, sondern dauerhaft abgeschafft wird. Daher unterstützt Plan International einen entsprechenden Gesetzentwurf im US-Kongress, der bereits im vergangenen Jahr das Repräsentantenhaus passiert hat. Der Gesetzesentwurf würde die MCP per Gesetz verbieten und damit verhindern, dass zukünftige Präsident:innen sie wieder einführen können –  wie es in den letzten 34 Jahren, seitdem die MCP erstmals 1984 durch die damalige Regierung unter Präsident Ronald Reagan in Kraft trat, geschehen ist. Seitdem wurde sie unter demokratischen Administrationen aufgehoben, um unter republikanischen Präsidenten wieder in Kraft gesetzt zu werden und war insgesamt 19 der letzten 34 Jahre in Kraft.

Plan International Deutschland begrüßt, dass die Bundesregierung die She Decides Inititative unterstützt und sich für die Gewährleistung sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte (SRGR), insbesondere von Mädchen und Frauen, einsetzt. Ziel der Initiative ist es, die finanziellen Auswirkungen der MCP durch die Bereitstellung zusätzlicher öffentlicher wie privater Mittel für SRGR zumindest zum Teil zu verringern und dem Thema mehr öffentliche Aufmerksamkeit zu verleihen.

Plan International Deutschland fordert darüber hinaus, dass die Bundesregierung den niedrigschwelligen und jugendfreundlichen Zugang zu Verhütung, Information und anderen Dienstleistungen im Bereich reproduktive und sexuelle Gesundheit und Rechte – einschließlich des Zugangs zu sicherer und legaler Abtreibung und Nachsorge – zu einem Schwerpunkt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit macht und entsprechende finanzielle Mittel bereitstellt. Dabei gilt es, die Mittel für die Familienplanungsinitiative langfristig auf 150 Millionen Euro zu erhöhen und die Beiträge für den Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) und die „International Planned Parenthood Federation“ (IPPF) auf dem Niveau von 2020 bei 70 Millionen Euro bzw. 15 Millionen Euro zu halten.