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Zwei Ziegen fressen aus einem tiefen Kessel. Dahinter kniet eine junge Frau im Hijab.
Chamsia (16) hilft bei der Ziegenaufzucht, die ihre Familie mit Unterstützung von Plan International gestartet hat und ein Einkommen sichert. © Plan International
26.02.2021 - von Marc Tornow

Niger: Hunger im Transitland

Der Sahel-Staat gilt als ärmster der Welt – und seine Probleme nehmen weiter zu: In Niger sind fast 1 Million Kinder unterernährt und 3,8 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Grenzüberschreitende Konflikte und Klimawandel verschärfen ihre Situation. In einer Serie informieren wir über die dramatische Ernährungssituation in den Ländern des globalen Südens und wie Plan International Unterstützung leistet.

Es liest sich wie ein Schreckensbericht: Niger hat eine der am schnellsten wachsenden Bevölkerungen weltweit, schafft es aufgrund von Armut, Konflikten und Klimawandel jedoch nicht, alle Menschen ausreichend zu ernähren. Die Ernährungsunsicherheit ist so weit verbreitet, dass im Dezember 2020 3,8 Millionen Nigrer:innen auf humanitäre Hilfe angewiesen waren, darunter 2 Millionen Kinder. Mit einem durchschnittlichen Alter von rund 15 Jahren ist das westafrikanische Land unglaublich jung, dennoch geht etwa die Hälfte aller Kinder nicht zur Schule – mit der Folge, dass nur 31 Prozent der Bevölkerung lesen und schreiben kann.

Zwischen den Fronten

Die Gründe für Bildungsrückstände, Hunger und Armut sind vielfältig und bedingen sich zum Teil. Extremistische Gruppen mit unterschiedlichen politischen Ambitionen aus den Nachbarstaaten Burkina Faso, Mali und Nigeria weiten ihren Einflussbereich auf Niger aus oder nutzen das Land als Rückzugsgebiet. Das löst grenzüberschreitende Konflikte aus, die Vertreibung und Flucht von Familien zur Folge haben. Dadurch liegen Felder brach und Ernten werden nicht eingebracht, was wiederum Einkommensmöglichkeiten zerstört und zur schlechten Versorgungslage beiträgt. Letzte wird zusätzlich vom fortschreitenden Klimawandel befeuert, der vielerorts Regen- und Trockenzeiten verändert hat.

Die Gewalt in vielen Regionen erschwert es zudem, Hilfe dort zu leisten, wo sie am dringendsten benötigt wird. Mehr humanitäre Unterstützung wäre nötig, weil jährlich Tausende Menschen aus anderen Ländern Afrikas wegen Perspektivlosigkeit den Weg über Niger als Transitland ans Mittelmeer und nach Europa suchen, trotz der begrenzten Ressourcen in dem Binnenland. Selbst für die nigrische Bevölkerung – insbesondere Mädchen – bieten sich kaum Entwicklungschancen.

Patenschaften und Projektarbeit

Plan International finanziert im Rahmen seiner Patenschaftsprojekte Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation in Niger, zum Beispiel über landwirtschaftliche Projekte, Saatgutvergabe und/oder Mikrofinanzvorhaben, bei denen minimale Beträge in Gemeinschaftskassen verwaltet und für kleine Unternehmungen entliehen werden können. Weitere Ziele unserer kindorientierten Gemeindeentwicklung sind eine höhere Einschulungsquote und der Kinderschutz. Daneben engagieren sich die Plan-Teams in der Tschadsee-Region im Süden mit Unterstützung des Auswärtigen Amts (AA) für den besseren Schutz von Mädchen und Jungen vor extremistischen Gruppen sowie mit Unterstützung von EuropeAid für stabilere Lebensbedingen von Jugendlichen.

Die Unsicherheit in vielen Regionen Nigers in Kombination mit den Auswirkungen des Klimawandels haben dazu beigetragen, dass das Land auf dem letzten Platz des Human Development Index (HDI) – Rang 189 – der Vereinten Nationen steht. Der HDI gibt Aufschluss über den Entwicklungsstand eines Landes, zum Beispiel in den Bereichen Bildung, Gesundheit oder Lebenserwartung. Die Umstände von Nigers langjähriger humanitärer Krise haben sich durch die Corona-Pandemie weiter verschärft. Dabei fanden im Februar 2021 Präsidentschaftswahlen statt, bei denen der bisherige Amtsinhaber auf eine erneute Kandidatur verzichtete und dadurch Gesetzestreue zeigte, die eine positive Entwicklung befördern könnte.

Vergessene Hunger-Krise

Weltweit hungern etwa 930 Millionen Menschen, zwei Milliarden leiden unter Mangelernährung. Die Zahl der Betroffenen stieg in den vergangenen Jahren kontinuierlich an. Zu den ohnehin bestehenden Auslösern wie Dürren oder Kriege kam 2020 die Corona-Pandemie hinzu. Die Folgen von Lockdowns bekommen die ärmsten Menschen am härtesten zu spüren. Ihre Einkommen und Verdienste, etwa aus Straßenhandel oder Subsistenzwirtschaft, brechen weg, sobald sie sich nicht mehr frei bewegen können.